RAZZ – Alles was ich jemals brauchte
Der Konzert und Festival-Sommer wird 2022 eingeläutet durch RAZZ, eine deutsche Indie-Band live im Hamburger Knust.
2 Jahre Stillstand…
…und nun bringt 2022 viele neue Künstler, alte Locations und vor Allem ganz viel Euphorie mit sich mit! Das Wetter wird besser, die Laune steigt und zack ist es Zeit für die Musiker, um auf Touren zu gehen und die Menschen mit Lebensfreude zu befüllen.
Dank meines damaligen Jobs stand ich an einem lauen Donnerstagabend mit einer Freundin vor den Schleusen des Knust in Hamburg. Ich war bereit für RAZZ, die ich bis jetzt nur aus ein paar Spotify-Playlisten kannte, und eher vorgespult habe. Bei Indie und bei neuer Musik bin ich grundsätzlich immer dabei, doch richtig catchen wollten mich die bis dato veröffentlichten Songs des neuen Albums Everything You Will Ever Need nicht. Gute Hintergrundmusik, lockere Stimmung, auch gut zum Autofahren. Doch nun stand ich da, auf der Empore im Knust, und das Konzert nur Minuten entfernt.
Neue Location, alte Bekannte
Ja, das Knust kannte ich bis jetzt nur vom Vorbeischlendern um die Rindermarkthalle und dem Besuch im Plattenladen, was mich umso mehr motivierte den Club von innen zu erleben. Und ich sollte nicht enttäuscht werden, denn der Innenraum bot eine kuschelige und lebendige Atmosphäre, mit Platz für ein überschaubares Publikum und doch genug Raum, um in der Masse unterzugehen.
Ich entschied mich, einen Stehplatz oben zu ergattern, auf dem ich auf die Bühne hinunter schauen konnte. Dies war nicht nur bedingt durch Körpergröße, sondern bot gleichzeitig die Chance mit einem Auge auf das Publikum schielen zu können.
Den Abend eröffnete eine junge Dame mit Gitarre, die in mir mit ihrer Stimme nach einigen Zeilen eine Glocke klingeln ließ. War das etwa Marie Bothmer? Und tatsächlich! Zwei Fliegen mit einem Abend, wie wunderbar. Die junge Münchnerin wanderte 2017 in meine Playlist mit dem Song Ich dein Alles, du mein Nichts, nicht zuletzt inspiriert durch Julia Kautz!
Der Wahnsinn, dass ich jetzt die Chance bekam, Marie Bothmer auch direkt live zu erleben. Abgesehen von mangelnder Akustik auf den oberen Rängen, war ich begeistert!
Marie Bothmer brachte eine unglaubliche Unbekümmertheit auf die Bühne, eine Freude an der Sache, die den Abend fantastisch starten ließ. Super sympathisch präsentierte sie ihre neueren Songs, veranstaltete Spielchen mit dem Publikum und bedankte sich bei RAZZ für diese spontane Idee, denn nichts von dem war geplant. Wunderschön, wenn aus solcher Spontanität eine solche Liebe zur Musik verteilt werden kann.
„Everything You Will Ever Need“
Ja, das ist nun schon ein großes Versprechen, das der Albumtitel hier vorhält. Die Tour selbst zählte noch zur Might Delete Later-EP, stand aber für mich zum Ende des Abends komplett unter dem Motto des neuen Albums (Release 15.07.2022).
Vom ersten Song an, war es wieder da, dieser Rausch, diese Energie zwischen Musikern und Publikum. Song für Song hatte die Band die Meute am Haken und ließ die Fetzen fliegen. Ich stand nur 3 Minuten still, wobei das auch nicht ganz richtig ist. In dem Moment, in dem Sänger Niklas zum Solo im Song Since ansetzte, beruhigten sich die Füße und ich war gebannt von Stimme und Stimmung im ganzen Saal. Die Songzeilen, die Intimität und Gefühle während der Performance gingen mir bis in die Knochen und ich mache noch immer genau diesen Song an, wenn ich allein im Auto den schmerzenden Gefühlen ein Ventil geben möchte.
Doch auch solch ruhige Momente sollten der Tanzerei im Anschluss kein Hindernis sein und das Publikum schaffte die Grätsche zwischen langsamem Wiegen im Takt und wildem Gehüpfe und Gesinge. Die Hardcore-Fans in den ersten Reihen schafften es, den gesamten Innenraum anzustecken, sodass am Ende des Abends keine Hüfte still stand, und jeder wieder mit leuchtenden Augen den schwitzigen Saal verließ.
Was ein Abend, was eine Wiederbelebung. Ich konnte mein Glück kaum fassen und bin für den Rest der Woche immer wieder gedanklich zu RAZZ ins Knust geflüchtet, um das Lächeln und die Euphorie zurückzuholen. Chapeau, liebe Indie-Rocker, ihr werdet nun nicht mehr vorgespult, sondern mit wachem Ohr genossen!